Dieses Derby ist nichts für schwache Nerven: Mit einem Last-Minute-Treffer 13 Sekunden vor der Schlusssirene erlöst Vladimir Kames den ERC Sonthofen im Auswärtsspiel bei den Pfronten Falcons. Für den ERC ist es der achte Sieg im achten Meisterschaftsmatch – und für die Moral ein ganz wichtiger Derbysieg. Die rund 200 schwarz-gelben, lautstarken Gästefans unter den 366 Zuschauern feiern die Mannschaft nach Spielschluss. Mann des Abend ist Dan Przybyla mit drei Toren.
Als nach 60 intensiven Derby-Minuten endlich die Schlusssirene ertönte, kannte der Jubel bei der Sonthofer Mannschaft und den zahlreich mitgereisten Fans keine Grenzen: Die Spieler stürmten auf Calvin Stadelmann zu und herzten ihren Keeper, die in schwarz und gelb gekleideten Zuschauer lagen sich in den Armen, klatschten sich ab und reckten ihre Schals und Fahnen in die Luft: Derbysieg! Mit 5:4 rang der ERC den Nachbarn aus dem Ostallgäu nieder. Doch bis zu diesem so wichtigen Erfolg war es nicht nur ein harter Weg – es sollte auch eine Achterbahn der Gefühle werden.
Die Sonthofer, nach sieben Siegen in Serie mit viel Selbstvertrauen ausgestattet, starteten mit Druck und Puckkontrolle. Die Devise: Bloß nicht den so offensivstarken Pfrontnern das Heft des Handels überlassen und ihre schnellen Stürmer in aussichtsreiche Schusspositionen bringen. Und die Taktik von Coach Helmut Wahl und Spielertrainer Vladimir Kames ging in den ersten 20 Minuten voll auf.
Die Tabellenführer-Truppe diktierte das Geschehen, ließ den Falcons-Sturm kaum zur Entfaltung kommen – und noch viel wichtiger: Sie setzten eigene Akzente. Bereits nach sechs Minuten krönte Kapitän Marc Sill diese erste Druckphase und netzte zum 1:0 ein (Assists: Vladimir Kames, Ondrej Havlicek). Zum ersten Mal durfte der lautstarke Gästeanhang jubeln. In der Folge kombinierten sich die Sonthofer immer wieder gefährlich vor das Tor von Dominik Gimbel. Und einer deutete gleich mehrfach an, dass er sich an diesem Abend besonders viel vorgenommen hatte: Dan Przybyla.
Nachdem er bereits ein paar Annäherungsversuche an den Kasten der Pfrontner unternommen hatte, traf er in der 13. Minute auf Vorlage von Robin Berger mit einem satten Schuss zum 2:0. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte der ERC das Spiel nicht nur im Griff – die Oberallgäuer ließen die Top-Offensive der Landesliga Gruppe A nicht zur Entfaltung kommen.
Etwas überraschend fiel daher das 1:2 aus Sicht der Sonthofer: In Unterzahl übten die Pfrontner in Person von Filip Matejka Druck auf die Gästeabwehr aus. Der Stürmer schnappte sich die Hartgummischeibe und ließ Calvin Stadelmann keine Chance (19. Minute).
Der Anschlusstreffer hatte den Hausherren offenbar reichlich Rückenwind verliehen. Die Anfangsphase des Mittelabschnitts gehörte ganz klar ihnen. Mitunter wurden die Schwarz-Gelben im eigenen Drittel eingeschnürt und Calvin Stadelmann hatte alle Fanghände voll zu tun. Doch mit Laufbereitschaft und Leidenschaft befreiten sich die Sonthofer aus der Umklammerung der Falcons und begannen wieder, das Eishockey zu spielen, was sie bis dahin ausgezeichnet hatte: harte, klare Pässe aus der eigenen Zone und dann mit viel Tempo in Richtung gegnerisches Tor.
Die Falcons hechelten dem Tabellenführer hinterher und wussten sich in dieser Phase des Spiels nur mit Fouls zu helfen. Die logische Folge: Strafzeiten. In der 29. Minute nutzte Dan Przybyla eine von ihnen in Überzahl zum 3:1 (Assists: Ondrej Havlicek, Vladimir Kames), als er über die rechte Seite ins Angriffsdrittel zog und Dominik Gimbel mit einem satten Schuss unter die Latte überraschte. Przybyla war nun vollends auf Hochtouren: Nur zwei Minuten später erhöhte er, erneut im Powerplay, auf 4:1, als er eine sehenswerte Passstafette über Filip Krzak und Ondrej Havlicek vollendete. Mit einem beruhigenden Drei-Tore-Vorsprung ging es für die Sonthofer in die Pause.
Beruhigend war an diesem Abend allerdings wenig: Die Pfrontner warfen im Schlussdrittel alles in die Waagschale. Die Partie wurde ruppiger, und das spielte insbesondere den Hausherren in die Karten. Mit ihrer Gangart brachten sie den ERC etwas aus dem Tritt und konnten so wütende Angriffe auf den Kasten von Calvin Stadelmann fahren. Innerhalb von 27 Sekunden machten die Pfrontner in der 48. Minute aus einem 1:4 ein 3:4. Domenik Timpe und Jakub Bernad verkürzten. Nun war mächtig Spannung im Spiel. Die Sonthofer wehrten sich nach Kräften – doch der Tabellenzweite aus dem Ostallgäu schlug in der 55. Minute gnadenlos zu. Erneut war es Jakub Bernad, der ganz genau zielte und zum Ausgleich traf.
Als sich die knapp 400 Zuschauer im Eisstadion zu Pfronten in der 60. Minute auf eine Verlängerung eingestellt hatten, gab es ein letztes Bully vor dem Kasten von Dominik Gimbel. Ondrej Havlicek gewann das Anspiel, schob den Puck rüber zu Vladimir Kames. Der Verteidiger legte sich die Hartgummischeibe am ersten Pfrontner vorbei, dann am zweiten – und zog ab: 5:4! 13 Sekunden vor dem Ende! Achter Sieg im achten Spiel! Tabellenführung!
Und wir geben zu: Derbysiege schmecken einfach ganz besonders gut….
Am Sonntag haben die Schwarz-Gelben spielfrei. Die nächste Partie findet dann am kommenden Freitag ab 20 Uhr im Stadion an der Hindelanger Straße statt, wenn die Wanderers aus Germering nach Sonthofen reisen.
Text: Nicolas Berthold
Fotos: Bettina Brunner
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