Alle sieben Saisonspiele gewonnen, Tabellenplatz eins und ein Zuschauerzuspruch auf Bayernliga-Niveau: Eishockey-Landesligist ERC Sonthofen ist nicht nur sportlich eindrucksvoll in die Spielzeit gestartet, die neu formierte Mannschaft überzeugt mit einem erfrischenden Eishockey und präsentiert sich als Einheit. Der Lohn: Die schwarz-gelben Fans kommen aktuell in Scharen. Ein Viertel der Hauptrundenpartien sind absolviert. Eine Zwischenbilanz.
Was haben der EV Ravensburg, ERSC Ottobrunn, SC Forst, ERC Lechbruck, EV Fürstenfeldbruck, ESV Burgau 2000 und die Wanderers Germering gemeinsam? Richtig, sie spielen in einer Liga mit dem ERC Sonthofen – und alle haben ihre Spiele gegen stark aufspielende Oberallgäuer verloren. Der Traditionsverein aus der Alpenstadt ist mit der makellosen Bilanz von sieben Erfolgen aus den ersten sieben Meisterschaftsspielen in die Saison gestartet. Sicher, die Saison ist noch jung. Und doch lohnt nach einem Viertel der absolvierten Hauptrundenpartien ein Blick auf das Erfolgsrezept des ERC. Das starke Zwischenergebnis hat Gründe.
Die Mannschaft
Nach dem bitteren Aus im Playoff-Halbfinale gegen den EHC Waldkraiburg im vergangenen März und dem anschließenden Abgang von Leistungsträgern fürchteten nicht wenige im Umfeld des ERC, dass es in dieser Saison womöglich etwas mühsamer anlaufen würde. Ein Blick auf das Landesliga-Tableau der Gruppe A zeigt: Die Mannschaft von Coach Helmut Wahl und Spielertrainer Vladimir Kames ist sportlich eindrucksvoll in die Spielzeit gestartet und grüßt von Rang eins. Mit dem 7:1-Auswärtserfolg bei stets schwierig zu bespielenden Germeringern und dem jüngsten 3:2-Heimsieg gegen starke Burgauer haben die Sonthofer auch die ersten Hürden der Landesliga gemeistert. Als einziges Team in beiden Landesliga-Gruppen hat es all ihre Duelle nach 60 Minuten siegreich gestaltet.
Vor allem aber hat die Truppe nach nur sieben Pflichtspielen unter Beweis gestellt, was sie in der ordentlichen Saisonvorbereitung bereits angedeutet hat: Dass der Charakter der Jungs stimmt und sie sich schnell aufeinander einstellen können. Das Gefüge zwischen Abwehr und Sturm harmoniert und ist ausbalanciert. Jeder rackert für jeden. Natürlich haben die ersten Spiele auch Ungereimtheiten, gerade im Spiel ohne Puck, aufgedeckt, die es abzustellen gilt. Nichts zu bemängeln käme zu diesem Zeitpunkt der Saison aber auch einem mittelgroßen Wunder gleich.
Wie gut die Jungs agieren, zeigt zudem die Tatsache, wie sie auf die Ausfälle der Langzeitverletzten Denis Adebahr, Josef Slavicek und Matyas Stransky und damit verbundene taktische Umstellungen der Übungsleiter reagiert haben: als Einheit. Die Gesamtentwicklung der Mannschaft geht in eine gute Richtung. Besonders erfreulich ist in diesem Zusammenhang die Entwicklung gerade der jungen Wilden wie beispielsweise Jochen Hartmann, Jonas Gotzler, Aaron Grillinger, Justin Weber, Philipp Zeiske oder Calvin Stadelmann – sie alle haben einen weiteren, großen Schritt nach vorne gemacht. Letzterer verdiente sich mit herausragenden Paraden im Heimspiel gegen Burgau den Titel „Mann des Abends“. Zusammen mit dem erfahrenen und konstant guten Fabian Schütze und dem talentierten Felix Ottenbreit können die Sonthofer auf drei Top-Torhüter setzen.
Die Trainer
Das Trainergespann sind die Architekten dieser Entwicklung. Coach Helmut Wahl hat mehrfach gezeigt, dass er jahrelange Expertise in der Begleitung und Weiterentwicklung von Nachwuchstalenten hat. Spielertrainer Vladimir Kames wartet mit Profierfahrung auf und ist das wichtige Bindeglied zwischen Helmut Wahl an der Bande und den Spielern auf dem Eis. Mit seiner besonnen Art und Übersicht strahlt er auch in brenzligen Situationen Ruhe aus. Die Absprachen zwischen beiden funktionieren und sie verstehen sich auch menschlich.
Die Zugänge
Das trifft im Übrigen auch auf die Zugänge zu. Mit der Verpflichtung der jungen Philipp Zeiske und Justin Weber sowie den auslandserfahrenen Filip Krzak und Josef Slavicek haben die Verantwortlichen des Vereins nicht nur rein sportlich ein feines Händchen bewiesen, alle passen vor allem menschlich hervorragend in die Mannschaft. Die Zahlen der Neuen belegen, wie wohl sie sich in Sonthofen zu fühlen scheinen: Bis zu seiner Verletzung war Slavicek mit fünf Treffern Top-Torjäger der Schwarz-Gelben. Krzak ist ein flinker Verteidiger mit einem hervorragenden Auge für die Mitspieler. Neun Punkte aus sieben Spielen sind als Verteidiger eine großartige Bilanz. Und auch Zeiske und Weber punkten nicht nur, sie rackern für den Erfolg der Mannschaft. Gegen Burgau im vergangenen Freitag erzielte Weber seinen ersten Meisterschaftstreffer für die Sonthofer und durfte nach Spielende die Ehrenrunde anführen.
Die Fans
Den sportlichen Status quo, vor allem aber auch die Art und Weise, wie die Truppe sich auf dem Eis präsentiert, honorieren die Fans gegenwärtig: Die ersten vier Heimspiele besuchten in Summe 3.975 Zuschauer und sorgten damit für einen eindrucksvollen Rahmen an der Hindelanger Straße. Das entspricht einem zu diesem Zeitpunkt der Saison sagenhaften Schnitt von fast 1.000 Fans pro Partie. Kein anderer Verein in den beiden Landesligen kann dem ERC in dieser Statistik auch nur annähernd das Wasser reichen. Mit dieser Zahl würde der ERC sich sogar unter den Top drei der Zuschauertabelle der Bayernliga einfinden, noch vor dem Allgäu-Rivalen Illerabwärts aus Kempten. Selbst in der Oberliga gibt es ein paar Vereine, die weniger Zuschauer zu ihren Heimspielen locken. Sonthofen zeigt: Hier wird Eishockey gelebt. Und die zugstarken Playoffs kommen ja (hoffentlich) noch. Einen stimmungsvollen Vorgeschmack zur schönsten Eishockey-Zeit des Jahres erlebten die über 1.200 Fans am vergangenen Freitag gegen Burgau. Da war im Stadionrund sogar so etwas wie Eishockey-Euphorie zu spüren.
Lautstark und emotional dürfte es auch am kommenden Freitag wieder zugehen: Dann wird sicherlich ein großer Tross an schwarz-gelben Fans nach Pfronten zu den Falcons reisen und alles dafür geben, dass ihre Jungs das Derby für sich entscheiden und den achten Sieg in Serie einfahren.
Text: Nicolas Berthold
Fotos: Bettina Brunner
Comments